Die Anwendung von QS-Methoden ist in der Bekleidungsindustrie noch nicht etabliert. Dies zeigte eine Befragungsaktion zum aktuellen Status Quo im Projekt auf.
Hohenstein

Verfahren zur Sicherung der Kompatibilität zwischen Material, Schnittführung und Einsatzbereich bei der Produktentwicklung

Die Situation

Fehler in der Produktentwicklung kommen Bekleidungshersteller teuer zu stehen. Rund 75 Prozent aller Produktfehler entstehen in der Entwicklungsphase – ein Großteil davon sind Wiederholungsfehler. Allerdings werden die meisten dieser Mängel erst in späteren Phasen entdeckt. Dabei erhöhen sich laut Zehner-Regel die Kosten zur Fehlerbehebung von der Entwicklungs- über die Produktions- zur Nutzungsphase jeweils um den Faktor 10.

Je früher also die Qualitätssicherung ansetzt, desto positiver sind die Effekte. Doch während sich in anderen Branchen – insbesondere der Automobilindustrie – bereits Verfahren zur präventiven Qualitätssicherung in der Produktentwicklung (PE) etabliert haben, finden diese in der Bekleidungsindustrie nahezu keine Anwendung. Die kreativen Designprozesse laufen in der Regel eher unstrukturiert ab. Vieles erfolgt auf Zuruf. Produktrisiken werden häufig nur für kurze Zeit wahrgenommen und geraten dann wieder in Vergessenheit.

Das Projekt

Im Rahmen des Forschungsprojekts haben die Hohenstein Institute die Fragestellung untersucht, welche QM-Werkzeuge für die kurzzyklische und kreative PE in der Bekleidungsindustrie geeignet sind. Es wurden Entwicklungspotentiale identifiziert und Lösungsansätze entwickelt. Hervorzuheben ist die initiierte Workshop-Reihe mit der Zielsetzung, die qualitätsgesicherte PE über PDM-, PLM- und ERP-Systeme umzusetzen. „Wie können QS-Daten erfasst, gespeichert, ausgewertet und zur Nutzung wieder in die PE zurückgeführt werden?“ war die Frage, welche von Bekleidungsunternehmen und Softwareanbietern intensiv diskutiert wurde. Anforderungsprofile für Bekleidungsunternehmen und Systemanbieter für die Umsetzung einer präventiven IT-gestützten PE wurden formuliert. Des Weiteren wurden Standards wie Meilensteine, Prüfmechanismen und notwendige Systemfunktionen definiert. Ein wichtiges Projektergebnis stellt außerdem die Sensibilisierung für die präventive Fehlervermeidung durch den Einsatz von QS-Methoden dar. Es muss in der Branche ein Bewusstsein für offensichtliche und vor allem versteckte Fehlerkosten geschaffen werden. Ähnlich einem Eisberg werden lediglich die "direkt" sichtbaren Kosten für eine Qualitätsprüfung, nicht aber Kosten wie Produkthaftung, Kulanz, entgangene Umsätze und Imageverluste berücksichtigt.

Nutzen für den Mittelstand

Qualitätsbezogene Fehlerkosten in der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie Maßnahmen zu deren Behebung betragen ca. 4-8 Prozent vom Umsatz. Selbst bei einem kleinen Unternehmen mit 25 Mio. Euro Umsatz belaufen sich damit die Fehlerkosten bei angenommen 6 Prozent auf 1,5 Mio. Euro. Dies zeigt deutliches Einsparungspotential an.

Bei der Umsetzung von QS-Maßnahmen sind in jedem Fall positive wirtschaftliche Effekte zu erwarten, wie die Erhöhung der Produkt- und Prozessqualität sowie die Reduzierung von Entwicklungsschleifen, Wiederholungsfehlern und Fehlerkosten. In jedem Fall können Störfaktoren im Herstellungsprozess durch die Anwendung von QS-Methoden zukünftig besser beherrscht werden.

Im Zuge des Strukturwandels aufgrund der permanenten Auslagerungen ist es für alle Unternehmen der Bekleidungsbranche umso wichtiger, die eigenen Entwicklungsprozesse zu kennen und bewusst steuern zu können. Daher profitieren von den Projektergebnissen alle Unternehmen der klein- und mittelständisch geprägten Textil- und Bekleidungsbranche unabhängig von der Unternehmensgröße und -philosophie, dem Produktbereich oder der Produktgruppen. Des Weiteren können die im Projekt entwickelten IT-gestützten qualitätssichernden Lösungskonzepte auch in angrenzenden Branchen Anwendung finden.

Ansprechpartner

Simone Morlock
s.morlock@hohenstein.de
+49 7143 271 305

Fördergeber

Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 17154 N.